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1. Das Deutsche Reich - S. 1

1905 - Berlin : Mittler
I. Allgemeines. Welche Aufgabe hat die Wirtschaftsgeographie? Die Vielgestaltigkeit des heutigen Wirtschaftslebens stellt an den einzelnen hohe geistige und körperliche Anforderungen. Zahlreiche Existenzen unterhegen alljährlich in dem mit allen nur denkbaren Mitteln geführten Interessenkampfe, weil ihnen über den engen Kreis des eigenen Berufslebens hinaus das Verständnis für die Bedürfnisse der Zeit, die Einsicht in das allgemeine Wirtschaftsleben fehlt. Diese erweiterte volkswirtschaftliche Einsicht verleiht dem einzelnen erhöhte wirtschaftliche Kraft. Die Wirtschaftsgeographie hat die Aufgabe, die wirtschaft- lichen Verhältnisse eines Landes auf ihren ursächlichen Zu- sammenhang mit den natürlichen Landesverhältnissen zu untersuchen. Nur diese kausale Betrachtungsweise der Erdkunde, welche die wirtschaftlichen Leistungen der Länder in den Vordergrund stellt, ist von bleibendem Werte für die geistige und berufliche Bildung. Was mufs man zum besseren Verständnisse der wirtschaft- lichen Verhältnisse Deutschlands von der Entwicklungs- geschichte der Erde wissen? Nach den Hypothesen von Kant, Laplace, Thomson und Croll be- standen einst alle Körper unseres Sonnensystems aus großen kugelförmigen Nebelmassen, die durch gegenseitige Anziehung in Bewegung gerieten. Die durch die Schnelligkeit derselben erzeugte ungeheure Wärme ver- setzte die Urnebel, auch Materie genannt, in einen gasförmigen Zustand, in welchem sich bereits alle gegenwärtig auf der Erde vorhandenen Stoffe befanden. Durch fortgesetzte Wärmeausstrahlung und durch die hiermit ver- bundene stete Zusammenziehung wurde aus dem glühenden Nebelball all- mählich ein glühendflüssiger Körper. In ihm waren die Bestandteile der heutigen Erdkruste in geschmolzenem Zustande enthalten. "Wolff—pflug, Wirtschaftsgeographie. I. 1

2. Das Deutsche Reich - S. 60

1905 - Berlin : Mittler
Go Die Hauptartikel bilden Brillen, Mikroskope, Teleskope, Fernrohre, Feldstecher, photographische Apparate, Linsen und Meßinstrumente aller Art. Die Zeiß-Werke bestehen aus einer Glashütte nebst vielen optischen Werkstätten und beschäftigen gegenwärtig 1350 Arbeiter einschließ lieh 20 wissenschaftlicher Mitarbeiter und 80 Ingenieure. Soziales. Durch die von Abbe nach Zeiß' Tode errichtete Karl- Zeiß - Stiftung sind Einrichtungen geschaffen worden, die unübertroffen dastehen. Wir nennen die wichtigsten: 1. Überstunden und Sonntagsarbeit werden beiï25 % Lohnzuschlag nur von solchen Arbeitern verrichtet, die sich freiwillig dazu erbieten. 2. Gewinnbeteiligung aller Arbeiter. 3. Gewährung von Urlaub, jährlich eine Woche mit Lohnzahlung. 4. Freie Ausübung aller persönlichen und bürgerlichen Eechte. 5. Bezahlimg der Wochenfeiertage. 6. Bezahlung bei Urlaub für ehrenamtliche Tätigkeit. 7. Achtstundentag. 8. Öffentliche Lesehalle und Fabrikbadeanstalt. Für gemeinnützige Zwecke wurden bis Ostern 1903 über 3 000 000 M verausgabt. Ii. Der Thüringer Wald. Lage und Landschaftliches. Er streicht auf der Südwestseite Thüringens von der Saale bis zur Werra. Sein südöstlicher Teil führt den Namen Frankenwald und gehört zu Bayern. Er stellt ein langgestrecktes Kammgebirge dar, das sich in einer mittleren Höhe von 700 m bewegt und besonders nach No. steil abfällt. Unter den zahlreichen Gipfeln, die seinem Kamm aufgesetzt sind, ragen der Inselsberg und der Beerberg (984) durch ihre Höhe hervor. Geologisches. In geologischer Hinsicht ist der Thüringer Wald äußerst interessant. Kein zweites Gebirge Deutschlands zeigt eine so buntscheckige Zusammensetzung wie er. In seiner größten Masse besteht er aus Aus- wurfgesteinen, wie Granit und Porphyr, woraus auch überwiegend die Berg- kuppen gebildet sind. Daneben sind Schiefer und Zechstein zu nennen. Der letztere zieht sich namentlich am Rande des Gebirges hin. Worin bestellt gegenwärtig seine wirtschaftliche Bedeutung? Der Thüringer Wald beherbergt mehrere bedeutsame In- dustriebezirke; denn er ist im allgemeinen leicht zugäng-

3. Das Deutsche Reich - S. 118

1905 - Berlin : Mittler
118 Iii. Die Industrie. Geschichtliche Entwicklung- der deutschen Industrie. Mittelalter. Die deutsehe Großindustrie, die mit ihren bewunderns- werten Leistungen und außergewöhnlichen Fortschritten unser Erstaunen wachruft, hat sich aus dem schlichten Handwerk entwickelt. Dieses aber stand schon im Mittelalter in hoher Blüte; genossen doch die Leistungen der Augsburger Tuchmacher und Nürnberger Metallarbeiter selbst im Aus- lande hohes Ansehen. 16. bis 18. Jahrhundert. Als jedoch mit dem Rückgang der deutschen Hansa der Handelsverkehr nachließ, geriet auch das Handwerk mehr und mehr in Verfall. Der dreißigjährige Krieg richtete es vollständig zu- grunde. Im 18. Jahrhundert jedoch zeigte sich im wirtschaftlichen Leben Deutschlands eine Wendung zum Besseren. Anhaltende Kriege aber, die auch in diesem Zeitraum ihre nachteiligen Wirkungen auf Handel und Gewerbe ausübten, verhinderten einen schnelleren Fortschritt. Zudem nahm die Gewerbtätigkeit eine falsche Richtung an und wandte sich nur solchen industriellen Zweigen zu, die vorzugsweise Luxusartikel, wie Glas, Handschuhe, Seidenwaren, Hüte und Porzellan, herstellten und nur bei der wohlhabenden Bevölkerung auf Abnehmer rechnen konnten. Besser stand es um die verschiedenen Zweige der Gewebeindustrie; Leinen-, Baum- woll- und Wollwaren waren begehrte Artikel im In- und Auslande. Auch Nürnberger Metallwaren fanden wieder im Auslande Beachtung, und die Schwarzwälder Uhren fingen an, im Ausfuhrhandel Deutschlands eine Rolle zu spielen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigte sich dank der Fürsorge Friedrichs des Großen ein schnellerer Fort- schritt im wirtschaftlichen Leben. Der Bau von Straßen und Kanälen, die Einrichtung von Kreditanstalten, die Einwanderung von Land- wirten und Gewerbetreibenden förderten Landwirtschaft, Handel und Industrie. Ii). Jahrhundert. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts erlitt der neu einsetzende wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands wieder eine, jedoch nur vorübergehende, Störung durch die von Napoleon I. heraufbeschworenen Kriegsstürme. Die im Jahre 1810 eingeführte Gewerbefreiheit machte die Bahn für die ungehinderte Entwicklung der deutschen Industrie frei. Diese vollzog sich anfangs nur schüchtern und langsam; aber die langjährige Friedenszeit, die wirtschaftliche Einigung Deutschlands durch Grün- dung des deutschen Zollvereins im Jahre 1834 und die Einführung des Maschinenbetriebes brachten sie in ganz gewaltigem Maße zur Ent- faltung. Als dann im Jahre 1871 die nationale Einigung erfolgte, erwachte auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens ein ungeheurer Unternehmungsgeist. Die kapitalkräftige deutsche Industrie machte riesige Fortschritte und wagte es, auf dem Weltmarkt den Wettkampf mit den hochentwickelten Industrien der englischen, französischen und nordameri- kanischen Nation aufzunehmen. Dieser jahrelange Kampf hat alle Welt davon überzeugt, daß die deutsche Nation auf industriellem Gebiete allen andern ebenbürtig zur Seite steht, und daß England die größten An- strengungen zu machen hat, wenn es nicht von Deutschland überflügelt •werden will.

4. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 3

1913 - Leipzig : Hahn
3 und dem wir alle seine Wohltaten zuweilen mit schnödem Undank gelohnt hatten. Fest und innig umschloß des Lehrers Hand die meine, und tief blickte er in meine von Tränen überströmenden Augen, als wollte er die Gedanken erraten, die auf dem Grunde des jugendlichen Herzens schlummerten. Wie lange wir so Hand in Hand und Auge in Auge einander gegenübergestanden haben, vermag ich nicht zu sagen. Erst die tiefbewegte Stimme des Lehrers befreite mich von dem Banne, der mich gefesselt hielt, und nie werde ich den Segenswunsch vergessen, den er mir zurief: „Gott bewahre dir dein kindlich dankbares Gemüt und deine reine Seele!" Mir war die Kehle in diesem Augenblicke wie zugeschnürt, und nur ein leises, schluchzendes „Behüt' Sie Gott!" dem Lehrer zurufend, stürmte ich leidenschaftlich erregt zur Türe hinaus. In dieser Stimmung war es mir unmöglich, sofort nach Hause zurück- zukehren und alle die neugierigen Fragen meiner kleinen Geschwister zu beantworten. Ich wandte mich daher nach der entgegengesetzten Seite und schlug einen schmalen, schattigen Pfad ein, der mich zu einem kleinen, von grünem Laubholz umkränzten Waldsee führte. Hier am Ufer des Sees warf ich mich auf das dichte, schwellende Moos des Waldbodens und ließ noch einmal alle die schönen, freudvollen Tage meiner Schulzeit vor meinem geistigen Auge vorüberziehen. Aber nicht nur der so sorglos und friedlich verlebten Vergangenheit gedachte ich in diesem Augenblicke, ich richtete meine Blicke auch in die noch dunkel vor mir liegende Auknnft. M. Ebeltng, Maurerbursche in Neustrelitz. 3. Das Handwerk. Lin Handwerk soll der Bub' nicht treiben; denn dazu ist er viel zu gut. Lr kann so wunderniedlich schreiben, ist so ein feines, junges Blut. Nur ja kein Handwerk — Gott be- wahrel Das gilt ja heute nicht für fein: „Und wenn ich mir's am Munde spare, es muß schon etwas Beff'res sein!" Das ist der wunde Punkt der Zeiten: ein jeder will aufs hohe Pferd; ein jeder will sich nobel kleiden, doch niemand seinen Schneider ehrt. Der Hände Arbeit kam zuschanden der Arbeitsbluse schämt man sich; das rächt sich noch in deutschen Landen, das rächt sich einmal bitterlich. Das Handwerk hat noch gold'nrn Boden, hält es nur mit dem Zeitgeist Schritt, folgt es den Künsten und den Moden, und bringt man Liebe zu ihm mit. wenn Bildung sich und Fleiß ver- mählen und tut der Meister feine Pflicht, mögt ihr es zum Beruf erwählen: es ist das Schlechteste noch nicht. Deutsche Töpferzeituuz. 4. Die Berufswahl. „Für einen Bauer ist er zu schwächlich, wird halt ein Pfarrer oder ein Schneider werden müssen!" Das war das Ergebnis der Be- ratung, die eines Abends über mich in der Stube des Waldbauern abgehalten wurde. Meine Mutter ging zu dem Geistlichen, Hilfe i*

5. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 13

1913 - Leipzig : Hahn
13 12. Die Ueujahrsnachl eines Unglücklichen. Ein alter Mensch stand in der Neujahrsnacht am Fenster und schaute verzweiflungsvoll auf zum unbeweglichen, ewig blühenden Himmel und wieder herab auf die stille, reine, weiße Erde, worauf jetzt niemand so freuden- und schlaflos war wie er. Der Kirchhof lag vor ihm, sein nahes Grab war bloß vom Schnee des Alters, nicht vom Grün der Jugend verdeckt, und er brachte nichts mit aus dem ganzen reichen Leben, nichts mit als Irrtümer, die Brust voll Gift und ein Alter voll Reue. Seine schönen Iugendtage wandten sich heute als Gespenster um und zogen ihn wieder vor den Hellen Morgen hin, wo ihn sein Vater zuerst auf den Scheideweg des Lebens gestellt hatte, der rechts auf der Sonnenbahn der Tugend in ein weites, ruhiges Land voll Licht, in die Heimat der Enge! bringt, und welcher links in die Maulwurfsgänge des Lasters hinabzieht, in eine schwarze Höhle voll heruntertropfenden Gifts, voll zischender Schlangen und finsterer, schwüler Dünste. Ach, die Schlangen hingen um seine Brust und die Gifttropfen auf seiner Zunge, und er wußte nun, wo er war. Sinnlos und mit unaussprechlichem Grame rief er zum Himmel hinauf: „Gib mir meine Jugend wieder! Cd Vater! stelle mich wieder auf den Scheideweg, damit ich anders wähle!" Aber sein Vater und seine Jugend waren längst dahin. Er sah Irrlichter auf Sümpfen tanzen und auf dem Gottesacker er- löschen, und er sagte: „Es sind meine törichten Tage." — Er sah einen Stern aus dem Himmel fliehen und im Falle schimmern und auf der Erde zerrinnen. „Das bin ich", sagte sein blutendes Herz, und die Schlangenzähne der Reue gruben sich tiefer ein in seine Munden. Die Einbildungskraft zeigte ihm schleichende Nachtwandler auf den Dächern, und die Mindmühle hob ihre Arme drohend zum Zer- schlagen auf, und im leeren Totenhause nahm eine zurückgebliebene Larve allmählich seine Züge an. Mitten in seiner Angst floß plötzlich die Musik für das Neujahr vom Turme hernieder wie ferner Kirchengesang. Er wurde sanfter bewegt, er schaute nach dem Himmel und über die weite Erde und dachte an seine Jugendfreunde, die nun, besser und glücklicher als er, Lehrer der Erde, Väter glücklicher Kinder und gesegnete Menschen waren, und er sagte: „Cd ! ich könnte auch, wie ihr, diese erste Nacht des Jahres mit trockenen Augen verschlummern, wenn ich gewollt hätte; ach, ich hätte glücklich sein können, ihr teuern Eltern, wenn ich eure Neujahrswünsche und Lehren erfüllt hätte!" In seinem reuevollen Andenken an seine Iünglingszeit kam es ihm vor, als richte sich die Larve mit seinen Zügen im Totenhause auf; endlich wurde sie in seiner Einbildung zu einem lebendigen

6. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 42

1913 - Leipzig : Hahn
42 25. Spielkarten. Wer erzählen könnte, was diese zweiunddreißig Blätter in der Welt schon angerichtet haben, brächte leicht eine ganze Bibliothek zusammen. Ja, wenn's noch schwarzer Peter wäre oder so ein „Geduldspiel," wenn man an Langeweile oder Podagra leidet — aber das Spiel ums Geld hat schon Millionen um Haus und Hof, um Ehre und Frieden gebracht. Außer der Schnapsflasche hat der Teufel keine so glückliche Erfindung gemacht als die Aarten. Sie sind eine richtige Mausefalle, die sicher arbeitet. Du könntest dir auch einen Vers daraus machen, geneigter Leser, und dir sagen, was Herz, Eckstein, Schippen (Laub) und das Areu; bedeuten, und brauchtest den Aopf dir nicht besonders darüber zu zerbrechen. Das rote per; sind die blutenden Kerzen daheim von Weib und Rind, deren Vater die Nacht durchspielt und den Erwerb verschwendet, am Eckstein sind Tausende zerschellt, zum schwarzen Laub ist mancher Familienbaum zusammengewelkt, und das Areu; kannst du auf jedes Grab des Glücks, auf die Trümmerhaufen der Menschenherzen setzen, die den Frieden des Herzens verspielt haben. Der alte Flattich im Schwabenland hat's verstanden, schon in der Jugend seinen Buben, deren er etwa dreißig in Aost und Wohnung hatte, und die meist zu kurz oder zu lang waren, um in das Gym- nasium zu paffen, das Kartenspiel gründlich zu versalzen. Er sieht eines Abends spät um elf Uhr noch Licht aus dem Schlaf- zimmer leuchten, schleicht still hinauf: richtig, da sitzen die jungen Herrlein am Tische beim Lichtstümplein und spielen Karten. „Was tausend," sagt er, „ihr könnt Aarten spielen?" und erschreckt sahen die Missetäter den Pfarrer an — und die Aarten fliegen unter den Tisch. „Ach was — holet sie gleich wieder herauf! Ich will mit euch karten, es ist ja ein Zeitvertreib." Also er setzt sich zu ihnen hin, und die Herrlein sind seelenvergnügt, daß der alte Herr die Sache so scherzhaft aufgefaßt hat und kein Spielverderber ist. Es wird also gespielt und wird mittlerweile zwölf Uhr, und der Wächter bläst die Witternacht und singt dazu etwas vom Licht ausblasen; aber der Pfarrer steckt dagegen ein neues Licht auf, und den Herr- lein geht das Licht im Aopfe derweilen langsam aus, denn der Schlaf bläst es aus. Aber da hilft nichts, „wenn man einmal am Aarten ist, wird fortgemacht, 's ist ja ein Zeitvertreib," sagte der Pfarrer. Und es wird ein Uhr und zwei Uhr, und die Aäpfe sind so schwer, daß sie am Halse herumbaumeln wie eine volle Sonnen- blume am schlanken Stengel. Aber es nutzt nichts, sie müssen weiter spielen. Der Morgenwind fängt um drei Uhr schon an zu blasen, und den jungen Herren wird's kalt in ihrem Nachtkostüm; aber der Pfarrer hat einen dicken Hausrock an und spürt gar nichts von der Morgenluft. Da fangen die Herrlein an zu heulen und bitten um Gottes willen, er solle doch aufhören, sie wollten's ihr

7. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 108

1913 - Leipzig : Hahn
108 geringer Mächtigkeit. Es herrscht hier eine feuchtwarme Luft wie im Treibhause. Diese Grubenlust hat etwas ganz Eigentümliches an sich — ein Gemisch von den Gerüchen faulenden Holzes, Kohlenoxydgases und der karbolgetränkten Wettertücher, die allenthalben zur Regelung der Luft- zufuhr in den Strecken hängen. Gar still ist es an solchem Orte. Er liegt oft weitab von den großen Förderstrecken, wo aus den Schienen be- ständig die Züge der eisernen Förderwagen vorüberrasseln, von Pferden, Lokomotivkraft oder durch das elektrisch angetriebene Drahtseil fortbewegt. In die Stille dringt nur der dumpfe Schall, den der gleichstimmige Schlag der Hauer gegen den Kohlenstoß hervorruft. Dann und wann löst diesen gleichförmigen Taktschlag das laute, dumpfe Krachen und Schollern ab, mit dem die losgehauenen Kohlenstücke zu Boden stürzen. Von Zeit zu Zeit wechseln die Hauer ihre Tätigkeit. Sie greifen zur eisernen Schaufel und werfen sich gegenseitig die abgelöste Kohle zu, der letzte zum Schlepper hin, der sie auf den bereitstehenden Förderwagen lädt. Wir setzen unsern Weg fort. Unser Gespräch beschäftigt sich mit den Gefahren des Bergbaus. Ich als Laie komme natürlich bald auf die Schlagwetterentladungen zu sprechen; erfährt man doch erst später bei ge- nauerer Bekanntschaft mit dem Bergbau, daß ungleich viel mehr Opfer als die großen Grubenunglücksfälle die zahlreichen Einzelunfälle durch Stein- und Kohlenfall oder Absturz im steilen Flöz fordern. Wir wanderten ziemlich lange und kamen so in eine ganz andere Abteilung des Grubenfeldes, und nun tauchte plötzlich im Schein unsrer Lampen vor einer dunkel gähnenden Öffnung in der Gcsteinswand ein Bretterverschlag auf. Daran hing ein großes schwarzes Kreuz mit der warnenden Inschrift „Feuer." Nachdenklich schaute ich auf das Kreuz, während der Obersteiger seine Lampe abseits in die Holzverschalung einhakte. Erinnerungen stiege» unwillkürlich in mir auf, an Rom — an die Katakomben, und ich sagte: „Man könnte wirklich meinen, vor einer unterirdischen Begräbnisstätte zu stehen." „Hätte auch leicht zu einer solchen werden können", erwiderte mein Führer, der mit dem Fahrstock schon dabei war, durch kräftigen Ruck ein paar Bretter in dem Verschlage zu lockern. „Es war gerade morgens nach Beginn der Schicht. Da, kaum, daß sie die ersten Schläge getan haben, plötzlich ein verdächtiges Geräusch im Kohlenstoß — ein Rieseln und ein leises Zischen — sie halten an, leuchten vorsichtig ab — und richtig, ganz unten, wo der Stoß ansetzt, da quillt's hervor: ein paar dünne Wasserstrahlen, die sich schnell zu einer kleinen Lache ansammeln. Und aus dieser Lache steigt's auf wie lauter kleine Sprudel, Gasblasen, die an der Luft zerplatzen — Schlagwetter!" „Es war ein Glück, daß die Leute einen so besonnenen Orts- ältesten bei sich hatten, der kommandierte sofort: Lampen klein machen, und raus aus dem Berg! Aber ganz langsam! Und die Leute wichen schritt- weise zurück, ohne jede Überstürzung; — eine einzige hastige Bewegung, das Durchschlagen einer Lampe, oder es hätte bloß in der Nebenstrecke

8. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 120

1913 - Leipzig : Hahn
120 Deutsche befinden, mit Vorarbeiten beschäftigt sind. Als ich ans Tageslicht zurückkehrte, war ich l1/^ km entfernt von dem Punkte, an dem ich in die Tiefe gefahren war. Über Pretoria, die Hauptstadt Transvaals, das man von Johannes- burg in 2 Stunden erreicht, fuhr ich nach Kimberley iu Griqualand. Wir sahen bei der Durchkreuzung des ehemaligen Oranje-Freistaats nichts als Wüste, keinen Baum, keinen Strauch, nur ganz vereinzelt eine Farm. Nach mehrmaligem Wagenwechsel und nach fast zweitägiger Fahrt langte ich in Kimberley an. Die Diamantenstadt ist zum wenigsten zehnfach an- ziehender als Johannesburg. Nachdem ich mich von dem Staub der Landstraße einigermaßen befreit hatte, verfügte ich mich in die Verwaltung der großen De Beers- Minen. Der Leiter der Minen übertraf durch seine Zuvorkommenheit alle Erwartungen. Ein Beamter wurde beauftragt, mich zu begleiten, um mir vorerst in den oberen Stockwerken des Gebäudes das Aussuchen der Diamanten zu erklären. Es war ein unvergeßlicher Anblick. Zehn Herren saßen so in einer Reihe, daß das Tageslicht auf ihre Hände fiel. Jeder hatte einen ansehnlichen Haufen Edelsteine vor sich und war damit beschäftigt, das Arbeitsergebnis der letzten Woche, das einen Wert von ungefähr 65000 Pfund vorstellte, zu sichten und auszulesen. Die Diamanten sahen aus wie arabischer Gummi. Es ist schwer faßlich, wie diese unansehnlichen Steine durch das Schleifen zu herrlichen Brillanten werden können. In einem andern Raum bekam ich geschliffene Steine zu sehen. In geschmack- vollen Behältern lagen wasserhelle, rosa, hellgelbe bis dunkelbraune, blaue und grüne Diamanten. Am nächsten Tage begab ich mich mit meinem Erlaubnisschein an den Eingang der Diamantfelder. Unabsehbar nach beiden Seiten erstrecken sich meterhohe Einfriedigungen. Am Eingangsschacht einer Mine wurde ich in einen Bergmannskittel gesteckt, und mit großer Geschwindigkeit fuhren wir 400 m abwärts in die Unterwelt. Hier fand ich alle Gänge durch Bogenlampen erleuchtet und die Schächte untereinander, sowie mit den Geschäftsräumen an der Erdoberfläche mit elektrischen Glocken verbunden. Mein Führer und ich schritten die Stollen entlang. Uns entgegen kamen die Kippwagen in einer langen Reihe, durch Maschinenbetrieb gezogen, alle gefüllt mit der kostbaren, blaugrauen, vulkanischen Erde, die an der Luft verwittert und zerfällt. Eine halbe Stunde durchwanderten wir das unterirdische Heim der Diamanten, beobachteten die schwere Arbeft der Neger und fuhren dann wieder an die Oberfläche. Wir besuchten nun noch ein weites, ebenes Gelände, wo die aus den Minen geförderte Erde durch die Witterungseinflüsse zersetzt wird, um später mit Karren in die ausgedehnten Wäschereien gefahren zu werden. Umfangreiche Maschinen spülen die schweren Bestandteile der Erde auf einen Hügel zusammen; von hier aus wird sie in ein langes Zimmer gebracht, wo man die Steine ausliest. Ich zählte bei einem mit dieser Arbeit beschäftigten Manne in rund 2 Minuten 27 Diamanten von der Größe einer halben Erbse bis

9. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 127

1913 - Leipzig : Hahn
127 die hier ihr Tagewerk verrichteten, kahl, öde, schwarz, ohne eine Bequem- lichkeit, durchtost von einem nie abbrechenden, nervenzerreißenden Geräusch grell zusammenklingender Töne. Und doch lag über dem allen auch Adel und Poesie. Nicht nur, wenn von oben das Sonnenlicht hereinflutete und selbst den Schmutz und das Eisen verklärte, sondern auch wenn eia grauer Himmel das Kahle, Öde, Schwarze noch kahler, öder, schwärzer erscheinen ließ. Das war die Poesie eines großen ineinander grei- fenden Getriebes, das hier ruhelos und doch in gleichmäßiger Bewegung sich auswirkte, der Adel menschlicher Arbeit, die hier an einer einzigen Stelle von mehr als hundert Menschen im Kampfe ums Brot, um Leben und Genuß tagaus, tagein getan wird. P. Göhre. 63. Keine Luft. Als vor ungefähr hundert Jahren ein bengalischer Nabob mit den in Kalkutta ansässigen Engländern in Streit geriet, ließ er 146 derselben m ein Gefängnis legen, das durch die entsetzliche Bezeichnung „schwarzes Loch" allgemein bekannt war. Der Raum maß ungefähr fünf Meter im Quadrat und besaß nur enge Luftlöcher. Die Gefangenen wurden mit gezogenen Schwertern hineingetrieben und die Tür sofort hinter ihnen geschlossen. Unbeschreiblich waren die Schrecknisse jener Nacht, wie sie die wenigen Überlebenden schilderten. Die Unglücklichen schrien laut um Erbarmen und suchten die Tür ge- wausam einzudrücken — doch vergebens! Sie erhielten zur Antwort, man könne nichts tun ohne den Befehl des Nabob, dieser aber schlafe und dürfe nicht geweckt werden. Da steigerte sich die Verzweiflung der Gefangenen zum Wahnsinn. Sie warfen einander zu Boden, sie kämpften um einen Platz an den Fenstern. Ihre Qualen steigerten sich; sie rangen, sie tobten und flehten die Wache an, auf sie zu schießen. Doch diese hielt Lichter au die ver- gitterten Fenster und verlachte laut ihre Opfer. Allmählich legte sich der Tumult; man hörte nur noch leises Stöhnen und Wehklagen. Der Tag graute, der Nabob erwachte und ließ die Tür öffnen; es dauerte eine ganze Weile, bis die Soldaten den Überlebenden Bahn machen konnten, indem sie auf beiden Seiten die Leichen aufeinanderhäuften. Dreiundzwanzig hohlwangige, bis zur Unkenntlichkeit entstellte Männer wankten aus dem Leichenhause, die 123 Toten wurden sofort in eine Grube verscharrt. Wenn auch das Klima, die große Hitze Indiens ihre Qualen steigerten, so fft es doch Tatsache, daß jene Männer an schlechter Luft starben. Das Atmen besteht bekanntlich darin, daß unsere Lungen blasebalg- artig Luft ausströmen und einziehen. Die Luft, die wir einziehen, ist sauerstoffreiche, frische Luft, die ausgeströmte ist sauerstoffarm und ungesund. Einen Teil des Sauerstoffs haben die Lungen zurückbehalten und ihn mit dem Blute vermischt. Wenn wir einen Menschen in einen Kasten einsperren, wo keine frische Luft ihn erreichen kann, so muß er dieselbe Luft immer

10. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 129

1913 - Leipzig : Hahn
129 Pflicht werden, ihnen, sowie allen Hausbewohnern, das allernötigste Lebens- bedürfnis, frische Luft, nicht vorzuenthalten. Um die Luft in einem Zimmer rein und gesund zu erhalten, ist es durchaus nötig, dasselbe fleißig zu lüften. Durch Räucherungen läßt sich die Erneuerung der Luft niemals ersetzen, wohl aber ist das Ausstellen von Blattpflanzen für das Atmen von Vorteil. Am besten wirkt die Herstellung von Luftzug. In der Nacht, bei der Ruhe im Schlafe, nimmt das Blut mehr Sauerstoff auf, als am Tage bei Bewegung und Tätigkeit. Es ist also ganz besonders in den Schlafzimmern auf gute, reine Luft zu halten. Deshalb sollte es morgens beim Aufstehen das erste sein, die Fenster des Schlafraumes weit zu öffnen. Auch sollte man die Decken und Bettücher einem gründlichen Luftdurchzug unterwerfen, ehe man das Bett macht. Solche kleine Gesund- heitsregeln dienen mehr zur Erhaltung des Wohlbefindens und des Lebens als weitgepriesene Mittel. Mit Herzbewegung und Entsetzen lesen wir von Tausenden, welche der Krieg dahinmäht; allein unbeachtet fallen uns zur Rechten und zur Linken die Opfer der vielen unerklärlichen Krank- heiten, deren Ursprung man in zahllosen Fällen auf die mangelhafte Speisung der Lungen zurückführen kann, auf das „schwarze Loch" unserer -Schlafzimmer. Nach dem Daheim. 64. Die Lampe einst und jetzt. Freudig hell leuchtet das liebe Weihnachtsfest in den dunklen Winter hinein. Der duftige Tannenbaum strahlt im Glanze der Kerzen, hier und dort schimmern sogar schon die elektrischen Glühlämpchen aus dem Gezweig, und selbst das sparsamste Hausmütterchen zündet zum frohen Überfluß im Bescherzimmer sonst noch an, was da leuchten kann: die Kerzen am Kaminsims, die Krone an der Decke, Lampen auf Tischen und Schränken. Hell muß es sein am Weihnachtsabende, hell in den Herzen, hell rings um uns her! In all dem leuchtenden Schimmer aber, mit dem selbst die Hütte heute sich zu füllen strebt, erinnern wir uns kaum, daß die Möglichkeit, solch frohe Helle um uns zu verbreiten, eigentlich erst eine der Gaben des vergangenen Jahrhunderts ist. — Nicht das elektrische Licht allein, nicht nur das Gas — die Lampe selbst in der Gestalt, die wir jetzt als allein brauchbar bezeichnen müssen, ist ein Geschenk erst des neunzehnten Jahrhunderts. Zwar die Lampe an sich ist uralt, sie taucht schon in den frühesten Zeiten menschlicher Kultur auf. Die ältesten Lampen, die uns erhalten geblieben sind, stammen aus ägyptischen Gräbern, und man schätzt sie auf 4000 Jahre; einfache Tonköpfchen sind's, die mit Fett oder Öl gefüllt wurden, aus dem der Docht über den Rand hing. Von Ägypten kam die Lampe wahrscheinlich nach Hellas, und die Griechen gaben ihr den Namen, der noch heute durch alle Kultursprachen wiederklingt, nach ihrem Zeitwort lampein, d. h. leuchten. In Griechenland, besonders aber im späteren Rom, wurde bereits ein großer Luxus mit Lampen getrieben, aber Lesebuch f. Forrbildungsschuleu w. Allg. Teil. 9
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